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IHKs in MV: Konjunkturumfrage zeigt leichte Entspannung, aber auch sehr viel Luft nach oben

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Die Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern sind wieder etwas zuversichtlicher als noch im Herbst 2022, der einen historischen Tiefstwert markierte. Um jetzt die Chancen Mecklenburg-Vorpommerns zu nutzen, braucht es mehr Geschwindigkeit, z.B. bei Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie.

„Die Wirtschaft drohte in die Rezession zu rutschen, hat sich aber besser behauptet als es einzelne Frühindikatoren signalisierten. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich glücklicherweise so nicht bewahrheitet: Die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung in Form der drei Entlastungspakete und die – zwar im Dezember 2022 spät – beschlossenen Energiepreisbremsen sowie der bislang relativ milde Winter haben dazu beigetragen. Allerdings zeigt die aktuelle Umfrage, dass sehr viele Betriebe immer noch nicht einschätzen können, wie stark die tatsächlichen Entlastungen letztlich ausfallen werden“, fasst Thorsten Ries, Hauptgeschäftsführer der geschäftsführenden IHK zu Rostock der IHKs in MV ein wesentliches Ergebnis der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern in Mecklenburg-Vorpommern (IHKs in MV) zu Jahresbeginn 2023 zusammen. Das heiße aber nicht, dass während der vergangenen beiden Krisenjahre mit Coronaeinschränkungen und Energieversorgungsrisiken alles optimal gelaufen sei. „Wir können froh sein, dass nicht alles ganz so schlimm gekommen ist wie befürchtet“, sagt Thorsten Ries. Es sieht besser aus als vor einem halben Jahr, aber „weniger schlecht als befürchtet heißt nicht gleich gut, von einer guten Stimmung in der Wirtschaft können wir bei weitem noch nicht reden“. „Es gibt noch sehr viel Luft nach oben!“ so Thorsten Ries und „wir müssen noch dicke Bretter bohren“.

Energie- und Rohstoffpreise bereiten den Unternehmen Sorgen
Größter Sorgenfaktor für die gewerbliche Wirtschaft im Land bleiben die Energie- und Rohstoffpreise. Mit 78 Prozent liegt der Wert nur zwei Prozentpunkte unter den Werten der Vorumfrage vom Herbst 2022. Noch vor zwei Jahren war dies für lediglich jedes dritte Unternehmen eine relevante Problemkategorie. Besonders stark betroffen sind erwartungsgemäß die Industrie (87 Prozent) und das Verkehrsgewerbe (89 Prozent). Hier stellen die Aufwendungen für Energie einen relativ großen Teil der Gesamtkosten dar.

Es verwundert daher nicht, dass die Befragten zuerst die "Einsparung von Energie" als Reaktion auf die hohen Strom-, Gas- und Kraftstoffpreise nennen (72 Prozent), gefolgt von der "Kostenweitergabe an Kunden" (57 Prozent). Dies gelingt in den Branchen unterschiedlich gut, so können technologiebedingt nur 65 Prozent der Verkehrsbetriebe mit Einsparmaß-nahmen reagieren. Dafür geben 70 Prozent der Logistiker an, die gestiegenen Preise an ihre Kunden weiterzugeben. In den anderen Branchen schaffen dies nur 55 Prozent. Ein Drittel aller befragten Firmen gibt an, in der Folge Investitionen zurückzustellen.

Viele Bauvorhaben zurückgestellt
Steigende Materialkosten und ansteigende Kreditzinsen infolge der Zinswende der EZB bremsen die Bauwirtschaft, so dass viele Bauvorhaben zurückgestellt oder storniert wurden bzw. werden. Verhalten stellt sich auch die Situation im Handel und im Verkehrsgewerbe dar, denn selbst wenn sich das Konsumklima sukzessive verbessern sollte und mit einer steigenden Anschaffungsneigung einherginge, werden sich diese Effekte erst zeitverzögert auf den Handel auswirken.

Der hohe Energiekostenanteil in der Verkehrs- und Logistikbranche belastet die Betriebe stark. „Das“, so Thorsten Ries, mache deutlich, wie wichtig es sei, mit der Energiewende voranzukommen. Hier sei das Flächenland MV mit viel Wind und Wasser an der Kaikante ganz besonders gefordert. „Alles, was eine schnellere Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen und weniger Bürokratie ermöglicht, ist eine gute Investition in die Zukunft“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Da gebe es gewiss keine Zauberformel, aber der Blick in andere Länder zeige, was möglich sei. Die IHKs böten sich gegenüber der Politik als konstruktiver Partner an, aber, so Ries: „Wir sind auch aufmerksamer Beobachter und schauen genau hin, wie schnell Prozesse tatsächlich umgesetzt werden.“ Es sei wichtig, dass Mecklenburg-Vorpommern und die regionale Wirtschaft die Standortvorteile nutzen, gerade auch um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu brauche es ausreichend Personal.

Personalknappheit zusätzliche Last
Angesichts der branchenübergreifenden Personalknappheit erweist sich die Sicherung der Belegschaften für viele Betriebe als unabdingbar. Dies zeigt sich auch daran, dass der Fach- (und Arbeits-) Kräftemangel von 56 Prozent der Betriebe als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung eingeschätzt wird – nach den Energie- und Rohstoffpreisen. Der Mangel an qualifiziertem Personal liegt damit auf dem Niveau der Befragung vor dem russischen Angriffskrieg und fast auf der Höhe der Vor-Coronawerte vom Jahresbeginn 2020. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung führen nicht nur unmittelbar zu entgangenen Aufträgen, Mehrbelastungen der Belegschaft und steigenden Arbeitskosten, sondern stellen die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft grundsätzlich vor eine große Heraus-forderung: Ohne Fachkräfte werden die Energiewende, die Digitalisierung und der notwendige Infrastrukturausbau nur schwer zu bewältigen sein.