Gemeinsam nachhaltig wirtschaften
Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Prozess und funktioniert am besten gemeinsam mit Gleichgesinnten. Hier stellen wir Ihnen verschiedene Beispiele aus der unternehmerischen Praxis vor. Holen Sie sich wertvolle Tipps und lassen Sie sich von anderen inspirieren. Damit das Netzwerk wächst, brauchen wir auch Ihre Anregungen und Erfahrungen rund ums Thema Nachhaltigkeit. Melden Sie sich!
Andreas Queisner: Nachhaltigkeit ist schon lange Firmenpolitik
Casa Familia GmbH
Warum sollten sich Unternehmen mit Nachhaltigkeit beschäftigen?
Als ich mit meinem Stellvertreter über das Thema Nachhaltigkeit sprach, sagte er lächelnd: „Dass wir noch da sind, beweist ja, dass wir nachhaltig sind.“ Und damit hat er natürlich völlig Recht. Wir sind genauso nachhaltig wie viele andere Unternehmen. Vielleicht haben wir in manchen Themenfeldern die Nase etwas weiter vorne, weil wir uns diesen früher zugewendet haben. Dabei hat der Begriff Nachhaltigkeit für uns zunächst keine Rolle gespielt. Wir wollten einfach gute Arbeitsbedingungen und Weiterbildungen für unsere Mitarbeiter, damit wir mit einem Lächeln für unsere Gäste da sein konnten. Wir haben in energiesparende Technik investiert, weil wir primär Geld und Ressourcen sparen wollten. Hätten wir all das nicht getan, wären wir heute wahrscheinlich nicht erfolgreich am Markt. Wir haben als Familienunternehmen also automatisch nachhaltig gehandelt. Aus den ursprünglichen, eher instinktiven Entwicklungen heraus, ist Nachhaltigkeit inzwischen einer der Hauptbestandteile der Firmenpolitik geworden. Davon profitieren wir jetzt und gleichzeitig macht es unser Unternehmen zukunftssicherer.
Gilt der Dreiklang der Nachhaltigkeit aus Ihrer Sicht auch in Zeiten der Energie- und Klimakrise?
Ganz bestimmt! Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Projekt, das nie zu einem Ende kommt. Gerade jetzt, wo der wirtschaftliche Druck permanent ansteigt, das soziale Gefüge ans Wanken kommt, eine sichere Energieversorgung gefährdet scheint und Umwelt schon ernsthaft geschädigt ist, ist überlegtes zukunftsorientiertes Handeln erforderlich. Leider müssen wir oft kurzfristige Entscheidungen treffen, um aktuellen unvorhersehbaren Entwicklungen Rechnung zu tragen. Ein Beispiel dafür ist die Energiekrise. Da wir, von den Versorgern und auch der Landesregierung davon unterrichtet wurden, dass wir bei der nächsten Gaswarnstufe von der Versorgung abgeschnitten werden, mussten wir uns um eine schnell verfügbare Lösung kümmern, um in jedem Fall sicher über den Winter zu kommen. Da hat sich für unser Haus Flüssiggas angeboten. Wir haben unser Blockheizkraftwerk und unsere Thermen dafür umrüsten lassen, um sowohl Erdgas als auch Flüssiggas verwenden zu können. Kurzfristig notwendig, langfristig nachhaltig? Wirtschaftlich vielleicht, klimatechnisch sicher nicht. Leider stehen eben noch keine verfügbaren Alternativen zur Verfügung. Aber wir bleiben dran und vielleicht gibt es zukünftig gute Entwicklungen.
Welche Themen stehen für Sie aktuell im Vordergrund und woran möchten Sie als Unternehmen künftig verstärkt arbeiten?
Für uns stehen folgende Themen im Vordergrund: Energie – kurzfristig: Absicherung der Versorgungssicherheit, mittelfristig: Weiterer Ausbau der Nutzung Erneuerbaren Energien, langfristig: Möglichst nahe an die Autarkie. Ernährung: Noch mehr Einsatz von regionalen Produkten, möglichst Bio, Ausbau der hauseigenen Bäckerei, Verbesserung des veganen und vegetarischen Speisenangebots. Erweiterung des Kundekreises für unsere Bäckerei und Speisenprodukte über regionale Netzwerke. Mobilität: Umstellung des Fuhrparks auf e-Autos. Human Resources: Erweiterung des schon umfangreichen Weiterbildungsangebotes. Einführen einer Personalstelle als Bindeglied zwischen Verwaltung und Mitarbeitern, als Dienstleister und Buddy. Digitalisierung: Sind wir schon weit, aber wir verfeinern die bestehenden Systeme weiter.
Was empfehlen Sie einem Unternehmen, dass sich nachhaltiger aufstellen möchte?
Das eigene Unternehmen analysieren, eine Zukunftsvision entwickeln, Best Practice Projekte anschauen, Leuchtturmprojekte besuchen, Vernetzung, z.B. über die IHK.
Text: 20.12.2022

Casa Familia im Interview: hier hören
Philippe Schäfer: Man muss einfach nur anfangen!
Unverpackt-Laden "Uver"
Was war eure Motivation für eine nachhaltige Gründung und wie war der Weg von der Idee bis zur Umsetzung?
Als wir 2018 nach Greifswald kamen, war Nachhaltigkeit für uns schon ein großes Thema im Alltag. An unserem vorherigen Wohnort haben wir viel im Unverpackt Laden eingekauft und waren überrascht, dass es in einer grünen Stadt wie Greifswald so einen Laden noch nicht gibt. Mit der Zeit hat sich die Idee entwickelt, dass wir das auch selbst in die Hand nehmen könnten. Erstmal war das nur ein Gedanke, dann haben wir angefangen mit verschiedenen Leuten darüber zu sprechen, uns vernetzt und der Gedanke wurde immer konkreter. Wir hatten beide überhaupt keine Ahnung, wie man so ein Geschäft gründet und was man dazu braucht. Aber mit etwas Hilfe gingen wir einen kleinen Schritt nach dem anderen und irgendwann hatten wir “plötzlich” einen fertigen Businessplan in der Hand. Ungefähr ein Jahr später öffneten wir die Türen zu Greifswalds erstem Unverpackt Laden. Das war ein wilder Ritt, aber unsere treuen Kundinnen und Kunden zeigen uns immer wieder, dass es sich lohnt!
Zero Waste – geht das wirklich?
Zero Waste ist möglich! Um wirklich überhaupt keinen Müll zu produzieren, erfordert es jedoch einiges an Commitment. Diesen Anspruch haben wir aber nicht an den Laden und an unsere Kundinnen und Kunden. Bei uns könnte man sagen “Less Waste”, also Weniger Müll. Aber ganz schön viel weniger! Wir testen uns regelmäßig selbst um herauszufinden, wie viel Verpackungsmüll man spart, wenn man ein Produkt bei uns, statt im herkömmlichen Supermarkt kauft. Das sind laut einer Hochschul-Studie im Schnitt 84%! Das wird mit der Zeit auch immer besser, weil sich immer mehr Lieferantinnen und Lieferanten entscheiden, Pfandsysteme oder nachhaltige Verpackungen zu nutzen.
Welche Themen standen für euch bisher im Vordergrund und woran wollt ihr verstärkt arbeiten?
Im Vordergrund steht bei uns die Vermeidung von unnötigem Müll. Wie der Name schon sagt, fängt das natürlich bei der Verpackung an. Aber auch in anderen Bereichen kann man viel für die Umwelt tun. Ein gutes Beispiel sind Shampoo, Seife, Waschmittel und so weiter. Die enthalten in der Regel sehr viel Mikroplastik, dass beim Benutzen in das Abwasser gelangt und sich in der Natur verteilt. Bei uns bekommt man alles, was man zum Waschen, Spülen etc. braucht, und zwar 100% biologisch abbaubar. Auch in anderen Bereichen schauen wir regelmäßig nach Alternativen zu Einweg-/ Plastikprodukten. Seien es Bienenwachstücher, wiederverwendbares Backpapier oder auch waschbare Spülschwämme, unser Anspruch ist: bei UVER bekommt man alles, was man im Alltag braucht, und tut mit jedem Einkauf etwas Gutes für die Umwelt.
Welche Tipps habt ihr für Unternehmensgründer und nachhaltige StartUps?
Als die Idee für den Laden kam, hatten wir überhaupt keine Ahnung, wo wir anfangen sollen. Wir sind aber dran geblieben, haben uns beraten lassen und uns immer gefragt: Was ist der nächste Schritt? Man kann extrem viel erreichen, man muss einfach nur anfangen! Aus finanzieller Sicht möchten wir besonders bei nachhaltigen Unternehmungen empfehlen, über ein Crowdfunding nachzudenken. Ihr werdet überrascht sein, wie viele Leute bereit sind, ein umweltfreundliches Projekt zu unterstützen. Das kann den Start extrem erleichtern.
Text: 10.01.2023
