Handelsstudien
Der deutsche Einzelhandel 2024 - IHK-ibi-Handelsstudie veröffentlicht
Der Handel setzt immer stärker auf Multikanal-Vertrieb – zu diesem Ergebnis kommen das Forschungsinstitut ibi research an der Universität Regensburg und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in der neuen Studie "Der deutsche Einzelhandel 2024". Die Studie erfasst die gegenwärtige Situation des Einzelhandels unter Berücksichtigung der Themen Digitalisierung und IT-Sicherheit, Nachhaltigkeit, Bürokratie und Unternehmensnachfolge. Zudem wirft die Studie einen Blick auf die Herausforderungen und Chancen der Branche.
Die aktuelle Geschäftslage wird durch den Fachkräftemangel, steigende Energiekosten und Frequenzrückgänge in den Innenstädten am stärksten geprägt. Weitere Belastungen für die Händler stellen die Rückzahlungen der Corona-Soforthilfe, der Rückgang der Liquidität und vielerorts steigende Mietpreise dar. Technologische Umbrüche, insbesondere der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und die wachsende Bedeutung von IT-Sicherheit sowie steigende Kriminalität bringen zusätzliche Belastungen mit sich.
Stärkster Vertriebskanal bleibt Stationäres Ladengeschäft
Insgesamt bleibt das stationäre Ladengeschäft mit 86% weiterhin der stärkste Vertriebskanal. Im Vergleich zu den Studienergebnissen 2020 sank jedoch der Anteil der Händler, die rein stationär verkaufen von 55% auf 41 % ab. Der Anteil der Multikanal-Händler, also der Händler, die ein stationäres Ladengeschäft und zusätzlich mindestens einen Online-Kanal betreiben, ist auf 47 % gestiegen. 2020 waren es noch 39%.
Marketing im Fokus der Digitalisierung im Handel
Der beliebteste Marketingkanal ist das Google-Unternehmensprofil gefolgt von den sozialen Medien, die vor allem zur Bekanntheitssteigerung und Gewinnung von Kundeninformationen sowie der Neukunden genutzt werden. Als Marketingtool ermöglichen es die sozialen Medien die gewünschte Zielgruppe gezielt anzusprechen und einen fließenden Übergang zum Kaufprozess zu schaffen. In diesen Bereichen wird im Vergleich zu anderen Digitalisierungsthemen der größte Weiterbildungsbedarf gesehen. 1/3 der Händler nutzt bereits KI, insbesondere für Marketingmaßnahmen. Die Nutzung von CRM-Systemen zur Kundenpflege ist jedoch insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern stärker rückläufig als im Bundesdurchschnitt.
Kleine Händler für Digitalisierung weniger gewappnet
Kleine Händler sehen sich im Vergleich am schlechtesten für die Herausforderungen der Digitalisierung gerüstet. Nur jedes vierte Unternehmen verfolgt eine eigene Digitalisierungsstrategie, während jedes zweite Unternehmen keine Zeit für Digitalisierungsmaßnahmen findet.
IT-Sicherheit und Umgang mit steigender Kriminalität beschäftigen den Handel zunehmend
Mehr als die Hälfte der Unternehmen mit stationärem Geschäft sind von Ladendiebstählen betroffen und fordern eine konsequentere Strafverfolgung /-vollstreckung. Die stationären Händler in Mecklenburg-Vorpommern unterstützen sich gegenseitig versuchen sich durch eigene Maßnahmen dem organisierten Ladendiebstahl entgegenzuwirken,
Auch das Thema IT-Sicherheit gewinnt an Bedeutung, jedoch sind kleinere Händler seltener von massiven Angriffen auf ihre IT-Systeme betroffen.
Zunehmende Bürokratiebelastungen schränken Geschäftsbetrieb stark ein
Über alle Größenklassen von Handelsbetrieben hinweg nehmen gut drei Viertel der Betriebe einen (sehr) negativen Einfluss durch die zunehmende Regulierung auf ihr Geschäftsmodell wahr. Auch die damit einhergehende Bürokratisierung schränkt 62 Prozent der Händler (sehr) stark in ihrem unternehmerischen Handeln ein. Das kostet Zeit und Geld: Im Schnitt 51 Stunden pro Monat bzw. 3.400 €. Insbesondere rechtliche Unsicherheiten, die Kassenrichtlinie und Buchführungsgrundsätze (GoBD) – vor allem für kleine Unternehmen, und Datenschutzbestimmungen werden als Bürokratiebelastung empfunden Es ist zu erwarten, dass der bürokratische Aufwand durch Neuregelungen z.B. in den Bereichen Verpackung, Batterien und Textilien sich drastisch vervielfachen wird.
In Deutschland sehen 68% der Händler in dem zunehmenden Wettbewerb durch Drittstaatenhändler (wie z.B. TEMU) und die Marktmacht globaler Marktplätze (wie z.B. Amazon, eBay) einen sehr negativen Einfluss auf ihr Geschäftsmodell. Zusätzliche Belastungen entstehen durch einen wachsenden Fachkräftemangel, insbesondere in großen Unternehmen, hohe Energiekosten und sinkende Passantenfrequenzen in den Innenstädten.
Nachhaltigkeit im Einzelhandel
Für viele Händler spielt das Thema Nachhaltigkeit eine (sehr) große Rolle. 2/3 der befragten Händler geben an, aus eigener Motivation in verschiedenen Bereichen der Nachhaltigkeit aktiv zu sein. Die Händler gehen davon aus, dass fast jeder zweite Kunde erwartet, dass das Thema Nachhaltigkeit in den Unternehmen vorangetrieben wird. Höhere Preise und zusätzlicher Bürokratieaufwand bremsen vielerorts Nachhaltigkeitsstrategien, so dass 60% der Händler auf eine Treibhausgasbilanzierung und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes verzichten.
Handel in MV braucht politische Unterstützung
Die Studienergebnisse verdeutlichen, dass der Einzelhandel vor vielschichtigen und komplexen Herausforderungen steht. Es benötigt faire Wettbewerbsbedingungen und gezielte politische Unterstützung, um den Handel und damit auch funktionsfähige Innenstädte in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten und zu stärken.