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Neue Berichterstattung zur Nachhaltigkeit

CSRD: Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte

2023 ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist es, dass Unternehmen auf Basis umfassender Standards vergleichbare, detaillierte und verlässliche Nachhaltigkeitsinformationen veröffentlichen. Die CSRD-Richtlinie, die die sog. CSR-Richtlinie ablöst, wird innerhalb von 18 Monaten von den Nationalstaaten umgesetzt. Nach den neuen verbindlichen, verpflichtenden Standards muss künftig eine deutlich höhere Zahl von Unternehmen deutlich mehr über Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten.

Es werden weitaus mehr Unternehmen als bisher zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. So gilt die Berichtspflicht nicht mehr nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen, sondern für alle großen Unternehmen, die zwei der drei folgenden Größenkriterien erfüllen: 

  • Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro
  • Nettoumsatzerlöse von mindestens 50 Millionen Euro,
  • mindestens 250 Beschäftigte.

Zusätzlich werden kleine und mittlere Unternehmen ab zehn Mitarbeitern zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, sofern eine Kapitalmarktorientierung vorliegt. 

Es wird geschätzt, dass sich so die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen in Deutschland von 500 auf 15.000. erhöhen wird. Hinzu kommen mittelbar betroffene Zulieferunternehmen.

Die deutschen Industrie- und Handelskammern warnen vor Überlastungen der Unternehmen und plädieren für praxistaugliche, verhältnismäßige und rechtssichere Regelungen bei der Umsetzung in deutsches Recht.

Die Anwendung der neuen Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ist in drei Stufen vorgesehen:

  • ab dem 1. Januar 2024 für Unternehmen, die bereits der CSR-Richtlinie unterliegen;
  • ab dem 1. Januar 2025 für große Unternehmen, die derzeit nicht der CSR-Richtlinie unterliegen. Als groß gelten Unternehmen, die zwei der drei folgenden Größenkriterien erfüllen: 1) Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro, 2) Nettoumsatzerlöse von mindestens 50 Millionen Euro, 3) mindestens 250 Beschäftigte;
  • ab dem 1. Januar 2026 für börsennotierte KMU sowie für kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen. 

Kapitalmarktorientierte KMU können für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2028 beginnen, beschließen, auf einen Nachhaltigkeitsbericht zu verzichten. Sie müssen in ihrem Lagebericht aber angeben, warum die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht vorgelegt wurde. 

Grundsätzlich müssen alle Informationen zu den Auswirkungen des Unternehmens auf die Nachhaltigkeitsaspekte (sog. Wesentlichkeit der Auswirkungen) sowie zu den Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen (sog. finanzielle Wesentlichkeit) offengelegt werden. Somit wird in der CSRD das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit manifestiert, das zur Ermittlung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens dienen soll.

Zusätzlich müssen berichtspflichtige Unternehmen die grünen Finanzkennzahlen der Taxonomie-Verordnung (EU 2020/852) beachten und darstellen, wie und in welchem Umfang die Tätigkeiten des Unternehmens sowohl in Bezug auf Umsatz als auch Investitions- und Betriebsausgaben mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die im Sinne der Verordnung als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten einzustufen sind.

Berichtsinhalte und -struktur werden mittels verbindlicher EU-Nachhaltigkeitsstandards ("European Sustainability Reporting Standards", ESRS) definiert. Die Standards werden von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt. Für kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen soll es einen separaten Standard geben. Ein erster Entwurf soll im Sommer 2023 zur Konsultation gestellt werden.

Die EU-Kommission hat 12 Berichtsstandards veröffentlicht. Zwei davon betreffen themenübergreifende Angaben und Prinzipien und zehn beziehen sich auf die klassische dreigliedrige Nachhaltigkeitsberichterstattung (Environment, Social und Governance /ESG). Die zehn themenspezifischen ESRS enthalten eine Vielzahl an Berichtsanforderungen, die durch Anwendungsleitlinien präzisiert und erweitert werden.

Übergreifende Standards
ESRS 1 Allgemeine Anforderungen
ESRS 2. Allgemeine Angaben

Themenspezifische Standards
Umwelt
ESRS E1 Klimawandel
ESRS E2 Umweltverschmutzung
ESRS E3 Wasser- und Meeresressourcen
ESRS E4 Biologische Vielfalt und Ökosysteme
ESRS E5 Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft

Soziales 
ESRS S1 Eigene Belegschaft
ESRS S2 Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette
ESRS S3 Betroffene Gemeinschaften
ESRS S4 Verbraucher und Endnutzer

Governance
ESRS G1 Unternehmenspolitik

Hier finden Sie die Standards in deutscher Sprache.

Berichtspflichtige Unternehmen werden verpflichtet, Nachhaltigkeitsinformationen für das vorliegende Geschäftsjahr im Lagebericht darzustellen und mit einem digitalen Tagging zu versehen. Der Bericht ist in dem europäischen einheitlichen elektronischen Berichtsformat, also dem European Single Electronic Format (ESEF), zu veröffentlichen. Die Möglichkeit, den Nachhaltigkeitsbericht gesondert zu veröffentlichen, wird nicht mehr bestehen.

Der Nachhaltigkeitsbericht als Teil des Lageberichts muss extern geprüft werden. Zunächst ist die Prüfung "zur Erlangung begrenzter Sicherheit" und später "zur Erlangung hinreichender Sicherheit" durchzuführen.

Das Management wird aktiv und nachweislich die Verantwortung für die Nachhaltigkeitsberichterstattung tragen. Der Bilanzeid, der sich bislang nur auf die Finanzberichterstattung bezieht, soll so auf den ‎Nachhaltigkeitsbericht ausgeweitet werden. ‎Weiterhin ist der Aufsichtsrat verantwortlich für die Überwachung der Berichterstattung.‎

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist insbesondere für Unternehmen ein Thema, die selbst oder deren Kunden der CSRD unterliegen oder in den Anwendungskreis des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes fallen.

Doch nicht nur der Gesetzgeber verlangt zunehmend von Unternehmen die Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen. Auch Investoren, Banken, Kunden, Geschäftspartner und andere Stakeholder verlangen mehr Transparenz von Unternehmen über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft.

Ein Nachhaltigkeitsbericht bietet daher vielseitige Chancen:

  • Mit Hilfe des Nachhaltigkeitsberichts kann Nachhaltigkeit strukturiert im Unternehmen verankert werden;
  • Nachhaltigkeit wirkt sich vor dem Hintergrund der steigenden Bedeutung von Sustainable Finance positiv auf Kapitalbeschaffung, Kostenstrukturen und Absatzvolumen aus;
  • Der langfristige Unternehmenserfolg und -wert lässt sich nicht mehr einzig aus der Finanzsituation beurteilen, sondern muss insbesondere die Chancen und Risiken eines Unternehmens im Zusammenspiel mit seinem Umfeld reflektieren. So stehen Umwelt-, Sozial- und Governance-Belange in enger Wechselwirkung mit der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.

Für Erstanwender finden sich ausführliche Leitlinien zur Erstellung des ersten Nachhaltigkeitsberichts auf den Websites der entsprechenden Berichtsstandards. So stellt der Deutsche Nachhaltigkeitskodex beispielsweise in der Orientierungshilfe für Einsteiger die zentralen Schritte zur erfolgreichen Nachhaltigkeitsberichterstattung nach DNK vor. Auf den Seiten der Global Reporting Initiative finden Sie ein eigenes Ressource Center, das die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Unternehmen unterstützen soll.

Die IHK-Organisation hat in Zusammenarbeit mit Value Balancing Alliance und Deloitte den Leitfaden "In fünf Schritten zum Erfolg: Nachhaltigkeitsberichterstattung für KMU" veröffentlicht, der die geplanten Änderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung der Europäischen Kommission erläutert und die Schritte hin zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsberichterstattung vorstellt.

Die Handlungshilfe „10 Schritte zur CSRD“ vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, die in Kooperation mit dem BIHK e. V. entstanden ist, gibt Orientierung, nützliche Tipps und Hinweise auf kostenlose und hilfreiche Tools.

Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex hat eine kostenfreie Orientierungshilfe für die Umsetzung der ESRS-Berichtsanforderungen veröffentlicht: 

Entwurf: Freiwilliger Nachhaltigkeits-Standard für KMU

Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) werden sich künftig stärker mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen (müssen). Zum einen müssen CSRD-pflichtige Unternehmen die Auswirkungen in der gesamten Wertschöpfungskette bewerten und werden daher Daten ihrer Lieferanten einfordern. Zum andern werden Banken Nachhaltigkeitsaspekte bei der Vergabe von Krediten und Fördermitteln berücksichtigen. Um KMU zu entlasten und Datenanforderungen zu vereinheitlichen, hat Ende 2024 die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) den lang erwarteten Voluntary Sustainability Reporting Standard for Non-Listed SMEs (VSME, nur Englisch) an die EU-Kommission übergeben. Die EU-Kommission bereitet nach letzten Angaben für das Jahr 2025 eine Konsultation des VSME vor.

Nicht kapitalmarktorientierte kleinste, kleine und mittlere Unternehmen sind von der gesetzlichen Pflicht, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, zwar nicht erfasst. Sie werden in vielen Fällen jedoch von ihren Geschäftspartnern und Kunden aufgefordert, Nachhaltigkeitsinformationen bereitzustellen. Teilweise erhalten sie von ihren Kunden eine Vielzahl unterschiedlicher Fragebögen mit nicht deckungsgleichen Datenanforderungen.

Die IHK-Organisation hat in ihren Stellungnahmen und Positionspapieren in den vergangenen Jahren die aus überwiegender Sicht unverhältnismäßigen Anforderungen an die Berichterstattung sowohl der direkt, aber auch der mittelbar betroffenen Unternehmen aufgenommen. Angesichts der Rückmeldungen forderte sie, die Regelungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards (ESRS) zu reduzieren beziehungsweise verhältnismäßig auszugestalten (vergleiche unter anderem das DIHK-Positionspapier “Entlastung bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung: Fünf Vorschläge für praxisgerechte ESG-Daten entlang der Wertschöpfungskette”). Nachbesserungen sind erfolgt, allerdings in nicht ausreichender Weise.

Ein europaweiter Standard könnte – bei entsprechender Akzeptanz der Geschäftspartner – die Chance bieten, die mittelbare Belastung der nicht direkt berichtspflichtigen KMU einzudämmen. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) mit der Erstellung eines solchen Standards beauftragt. Der erste Entwurf wurde am 22. Januar 2024 veröffentlicht.

Der VSME soll nicht verbindlich sein, sondern eine "freiwillige" Alternative zu den individuellen Fragebögen bieten, die viele KMU von berichtspflichtigen Unternehmen erhalten. Wichtig ist nun zu prüfen, ob der VSME-Entwurf einerseits den Informationsbedarf der berichtspflichtigen Geschäftspartner und Finanzinstitute erfüllen kann und andererseits die vom VSME geforderten Informationen den nicht berichtspflichtigen KMU auch vorliegen. Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, könnte ein künftiger VSME-Standard dazu beitragen, die mittelbare Belastung der KMU zu reduzieren.

Der EFRAG VSME-Entwurf gliedert sich in zwei Module:

  1. Basic Module: Das Basismodul ist als Zielsetzung für Kleinstunternehmen und als Mindestanforderung für alle anderen kleinen und mittleren Unternehmen gedacht.
  2. Comprehensive Module: Das umfassendere Modul legt zusätzlich zu den Offenlegungen des Basismoduls weitere Datenpunkte fest, die erfahrungsgemäß häufiger von Banken, Anlegern und Großkunden abgefragt werden.

Der neue Standard entlastet kleinere Unternehmen, indem die Pflicht zur doppelten Wesentlichkeitsanalyse sowie viele Überpunkte in den letzten Entwürfen gestrichen werden.

Nähere Informationen: